Ist Design noch zu gebrauchen?
Mit dieser Frage haben wir uns im Rahmen eines gleichnamigen Seminars bei Dustin Jessen im Wintersemester 2019/20 auseinandergesetzt. Wenn von „Design" die Rede ist, kann allerlei gemeint sein und allerhand verstanden werden. „Design" ist ein äußerst anpassungsfähiges, um nicht zu sagen listiges Wort, das im Sprachgebrauch mannigfaltige, oftmals widersprüchliche Bedeutungen annimmt. „Ist Design noch zu gebrauchen?" wurde im Rahmen des Seminars als reflexive Frage bearbeitet, die sich auf den Gebrauch von Sprache als Werkzeug bezog. Kann man das Wort „Design" angesichts seiner Mehrdeutigkeit und potenziellen Missverständlichkeit noch sorgenfrei verwenden? So bekamen wir für die Dauer des gesamten Semesters die Aufgabe, den Designbegriff im Alltag zu untersuchen, um ihn – angeregt durch Ludwig Wittgensteins Philosophische Untersuchuchungen – von der metaphysischen auf die alltägliche Verwendung zurückzuführen (PU §116 in: Wittgenstein & Schulte, 2019, S.82). Es ging weniger um eine aktive Suche nach dem Designbegriff als vielmehr darum, mit geschärfter Wahrnehmung durch das Leben zu gehen. Auf Reklametafeln, an Schaufenstern, in Werbeanzeigen und Prospekten, in Beiträgen auf Instagram oder bei eBay, in Computerprogrammen oder auf Produktverpackungen trat „Design" meist als Substantiv, gelegentlich als Adjektiv und seltener als Verb zum Vorschein. Dieser Umstand begründet bereits einen entscheidenden Unterschied im Vergleich zur semantischen Struktur, die der Designbegriff in der englischen Sprache entfaltet, wo er viel selbstverständlicher als Substantiv wie Verbum gebraucht wird (vgl. Flusser, 2016, S.9). Dass der Designbegriff im Deutschen tendenziell eher als Gegenstandswort zur Anwendung kommt, erklärt wohl auch seine semantische Verdinglichung. Design als Konkretum, als Gegenstandswort, beschreibt das Gegenständliche, das konkret sinnlich Erfahrbare, während der Gegenbegriff – das Abstraktum – auf etwas Nicht-Gegenständliches, auf einen (Denk-)Prozess verweist. Indem „Design" im Alltags-Deutsch nicht als Verb, dem flexiblen Element der Sprache, verwendet wird, wird seine Bedeutung um das Prozessuale beschnitten. Eine weitere Erkenntnis ist, dass die Auseinandersetzung mit einem Begriff nur bedingt bedeutet, dadurch ein eindeutiges Verständnis von ihm zu erlangen. Im Gegenteil scheint eine intensive Auseinandersetzung dazu zu führen, dass man jeglicher Eindeutigkeit gegenüber Skepsis entwickelt und die Mehrdeutigkeit der Angelegenheit zu erkennen beginnt. So lässt sich aus den hunderten gefundenen Beispielen, keine Definition des Designbegriffs ableiten, aber „[w]ir sehen ein kompliziertes Netz von Ähnlichkeiten, die einander übergreifen und kreuzen. Ähnlichkeiten im Großen und Kleinen" (Wittgenstein & Schulte, 2019, S.56).
Quellen:
Flusser, V. (2016). Vom Stand der Dinge. Eine kleine Philosophie des Designs. Steidl.
Wittgenstein, L., & Schulte, J. (2019). Philosophische Untersuchungen (9. Auflage). Suhrkamp.